Das Bündnis

Die Taverne lag etwas abseits des Weges nach Ramarck. Das war Morvahna nur recht, als sie sich im Dunkel der Nacht dem Haus aus Stein näherte. Licht quoll aus den Ritzen der geschlossenen Fensterläden und brachte gedämpftes Lachen mit sich.

Morvahna hasste diesen Ort. Er spie ihr geradezu das dekadente Ausmaß der Zivilisation entgegen. Ihre Hand schwebte vor dem Knauf der Tür, als die Druidin kurz zögerte und Zweifel in ihr aufkam. Noch einmal drängte sich die Warnung des Omnipotenten Lortus vor dieser Zusammenkunft in ihren Kopf. Doch ihr Trotz und die Gier nach Macht wischten diese Grübeleien schnell wieder hinfort.

Morvahna öffnete die Tür und trat schnellen Schrittes ein. Ein Schwall Hitze und der Geruch ranzigen Weines schlugen ihr entgegen. Und das Gegröle der Söldner übertraf sogar noch das Gebrüll eines wilden Satyrs. Angewidert schritt die Druidin ein und suchte nach einer bestimmten Person. Mit dem grauen Umhang wirkte Morvahna fehl am Platz und die ersten Blicke bohrten sich in ihren Rücken.

Hinter ihr trat ein alter Mann ein, ebenfalls mit einem grauen Mantel angetan. Der Geruch der Wildnis haftete an dem Kerl, dessen klobiges Kinn sich unter der Kapuze hervorwölbte. Die gelben Augen saßen in tiefen Höhlen und blickten gehetzt in alle Richtungen.

Da war sie und nippte an einem Krug sauren Weines. Morvahna und ihr Begleiter schritten direkt auf die Elfe zu. Die Druidin setzte sich ohne zu fragen. Ihr Begleiter blieb stehen und sicherte seiner Herrin Rücken.

Der eiskalte Blick der Elfe traf Morvahnas. „Du brauchst also die Macht des Zirkels um ein großes Übel abzuwenden? Warum glaubst du, dass wir dich unterstützen würden?“ Die Druidin erinnerte sich gut an den Tag in den Drachenwallbergen, als die Nyss-Hexe durch die Wälder schritt und den Zirkel mit ihrer Bitte anrief.

„Was bekomme ich für meine Dienste?“ fragte die Elfe mit heller, klarer Stimme.
„Pah, was erdreistest du dich, Volk-Lose? Ich werde wieder gehen!“ Morvahna erhob sich, als die Elfe plötzlich ihren Arm ergriff.
„Bitte bleibt! Ich plane einen Schlag gegen die Cryx. Doch ohne die Kräfte des Zirkels komme ich nicht voran. Gebt mir 50 Goldmünzen und ihr erfahrt alles.“
Morvahna setzte sich und warf einen Beutel Gold auf den Tisch. „Das sind 20 Münzen. Ihr bekommt 20 weitere, wenn mir gefällt was wir erbeuten. Und das Ihr uns begleitet versteht sich von selbst, Lanyssa Ryssell!“

Die Eishexe lehnte sich vor und begann zu flüstern:
„ Es ist 2 Monate her, dass ich in den Wäldern ganz in der Nähe auf Pirsch war. Als ich ein verfallenes Bauerngehöft fand. Dort beobachtete ich eine Gestalt, die die Zeichen des Drachen Toruks trug und mehr tot als lebendig war. Das Geschöpft war damit beschäftig in Eile etwas zu vergraben und bemerkte mich nicht. Als es fertig war, dauerte es nur wenige Augenblicke als eine cygnarische Patrouille aus dem Unterholz hervorbrach. Der Untote floh, gehetzt von der Meute.

Als ich sicher war, dass alle fort waren schaute ich nach, was so emsig versteckt wurde. Jedoch stieß ich auf einen Felsen, dessen Oberfläche an einer Stelle noch glühte. Was immer dort versteckt wurde, es befindet sich in dem Stück Fels. Es muss wichtig für die Cryx sein und sie werden es holen sobald sie können…!“

Die Geschichte klang unglaubwürdig, aber auch verheißungsvoll. Wenn Toruk auf etwas wartete und man es ihm verweigern konnte, war dies ein kleiner Sieg gegen den Drachen.
„Nun gut, lass uns gehen…!“

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Im Schatten der alten Scheune verbargen sich Lanyssa und Morvahna und beobachteten die Gegend. Der Begleiter der Druidin hatte sich vor einiger Zeit getrennt und doch schien es der Elfe, dass er ganz in der Nähe war.

Die Wolken lichteten sich und gaben den Vollmond frei, der das Umland in gespenstisches Zwielicht hüllte. Die Stille wurde jäh von dem Heulen eines Wolfes, eines scheinbar riesigen Wolfes, zerrissen. Und nur Augenblicke später wurde das Unterholz hinter der Druidin beiseite geschoben und ein gigantischer Warpwolf mit grauem Pelz gesellte sich zu den beiden Frauen.

„Wir müssen uns eilen!“ sagte Morvahna „Wir sind zu spät!“ Mit diesen Worten deutete sie auf das gegenüberliegende Ende der Lichtung, wo sich mehrere grün glimmende Gestalten aus der Dunkelheit schälten.

Mindestens 3 Bonejacks jagten näher, gefolgt von der riesigen albtraumhaften Gestalt eines Schlächter-Höllenjacks. Am Rande der Lichtung trat zudem eine Frau hervor, die Morvahna sofort erkannte … Deneghra!

„Wir sind zu schwach!“ flüsterte Lanyssa und wollte gehen. Doch Morvahna hielt sie fest. Mit einem eiskalten Lächeln schüttelte sie langsam den Kopf.

Die Druidin konzentrierte sich und kurze Zeit später wuchs aus einem Schotterhaufen neben ihr das seltsame Konstrukt eines Woldwyrds. Und einige Meter vor der Scheune erhob sich aus einem Gewirr aus Ästen und Steinen die große Gestalt eines Hainwächters.

Wir können es schaffen, dachte Lanyssa und fürchtete sich zugleich vor der Voraussicht der Druidin. Wortlos rannte sie um die linke Seite der Scheune in Richtung des Hainwächters. Lieber einen Felsen in der Nähe, als diese unvorhersehbare Frau.

Der Hainwächter indes schritt bereits vorwärts. Mit einem Ruck blieb er stehen, hieb seine Hände in die Erdkruste um sie an anderer Stelle wieder hervorbrechen zu lassen und das ausgewählte Opfer zu verschlingen. Ohne Sicht darauf konnte Morvahna das Wachsen einiger junger Bäume spüren, die sich aus dem Fleisch des Opfers bildeten. Die Schlacht fing gut an.

Die Katze war aus dem Sack. Deneghra hatte den Hinterhalt bemerkt und schickte ihre Bonejacks auf Jagd. Doch zum Glück für die Streiter des Zirkels kamen die meisten Kreaturen nicht nah genug heran.

Verhalten ging Morvahna vor, gedeckt von ihren Warbeasts. In großer Arroganz bereitete sie die Vernichtung der feindlichen Warjacks vor, nur um das Lächeln einstellen zu müssen. Denn ihre ganze Macht reichte nicht aus auch nur Kratzer anzurichten.

Bedrohlich schnell kamen die Höllenjacks näher. Der Säureatem eines dieser Wesen umhüllte Morvahna, die sich schnell zu Boden werfen musste, um der tödlichen Wolke zu entgehen.

Wütend und mit schmutzigen Kleidern stand Morvahna auf. Kurz trafen sich ihre Blicke mit Lanyssa Ryssell. Die Elfe hatte den Rand eines kleinen Wäldchens erreicht und nickte ihr zu.

Morvahna lief los und griff zusammen mit ihrem Hainwächter einen Bonejack an. Ihre Runenklinge Equinox fuhr in den Jack, konnte jedoch nur unbedeutenden Schaden anrichten. Die Magie der Waffe verband die Druidin aber sofort mit der Kreatur.

Der Hainwächter versagte gänzlich und der Woldwyrd war indes mit einem zweiten Bonejack im Nahkampf gebunden. Ob ihr Angriff eine gute Idee war? Sie dachte an Graubart, der auf ihr Zeichen wartete. Auf ihm ruhte nun ihre ganze Hoffnung…

Lanyssa konzentrierte sich. Es war schwer die Gedanken zu wahren, denn der Schlächter war bedrohlich nahe gekommen. Sie würde ihn mit ihrem Zeichen der Jagd markieren und dann sofort verschwinden. Ihr Zauber gelang und eine große Schneeflocke bildete sich auf dem Helm des Höllenjacks. Im gleichen Moment brüllte der Warpwolf seine Wut heraus. Er stürmte vor, endlich von der Druidin losgelassen. Der Höllenjack machte sich für den Kampf bereit und hob den Arm zur Abwehr. Mit Geifer im Maul erreichte Grauwolf die Maschine und ohne innezuhalten schlug er wahllos auf den Jack ein. Der erste Prankenhieb fuhr glatt durch den erhobenen Arm und legte die Brustplatte frei. Sofort fuhr die zweite Pranke durch das Metall und bohrte sich tief in die arkane Maschinerie. Mit Wahn in den Augen verbiss sich der Wolf schließlich in den Helm und riss daran herum. Das grüne Glimmen des Höllenjacks verebbte und die Kreatur sackte in sich zusammen. Mit einem fürchterlichen Heulen schrie Graubart seinen Triumph heraus…

Morvahna hatte keine Zeit sich zu freuen, denn nun schickte Deneghra alle Jacks um sie zu töten. Die kurze Ablenkung hatte genügt und der Bonejack vor ihr stieß sein Knochenmaul hart in ihren Unterleib. Doch zum Glück hielt die Panzerung stand. Dann wurde sie wieder von dem Säurenebel des Defiler umhüllt. Der Nebel fraß sich durch die ungeschützte Haut ihrer Arme. Morvahna schrie vor Schmerz und hatte Mühe sich zu beherrschen. Dann stürmte der letzte Bonejack heran, ignorierte den Schlag des Woldwyrds und warf sich auf Morvahna. Sein Biss zielte auf ihren Unterleib und war so kraftvoll, dass er ihre Eingeweide herauszureißen vermochte. Und doch lächelte die Druidin. Den aufkommenden Schmerz nahm sie auf, übergab in Equinox und leitete ihn in den ersten Bonejack weiter. Das Konstrukt wurde dadurch regelrecht auseinander gerissen.

Triumphierend blickte Morvahna zu Deneghra hinüber. Stumm stand sie da. Zorn brannte in ihren Augen. Dann drehte sie sich um und verschwand in der Nacht.

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Der Fels schmolz unter der Hand Morvahnas dahin und förderte eine schwarze, kleine Truhe hervor. Als die Druidin das Kleinod aufnahm, hörte sie das darin etwa klapperte. Sie spürte, dass es machtvoll war. Diese Energie…Morvahna lachte!


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